Kamishibai
Ein Kamishibai ist ein Erzähltheater. Es besteht aus einem doppelten Rahmen mit Flügeltüren, der oben geöffnet ist. Zwischen den Leisten bietet er so viel Platz, dass mehrere Bilder als Stapel hinein gestellt werden können. Die Bilder werden im Rahmen von den Kindern betrachtet und nacheinander wieder herausgezogen. Die Aufmerksamkeit der Zuhörenden und Zuschauenden wird so auf den bildlich dargestellten Kern der gesprochenen Worte gelenkt.
Umgekehrt dienen die mit dem Rahmen fokussierten Bilder dem erwachsenen und kindlichen Erzählenden als Gedächtnisstütze für die eigenen inneren Bilder. Das Kamishibai verstärkt also sowohl die äußeren als auch die inneren Bilder in ihrer Wirkung. Die Wechselwirkung lässt ein Kino im Kopf entstehen, unterstützt das freie mündliche Erzählen und führt von der vorbereiteten Geschichte zur eigenen Sprache.

©Gemeindebibliothek Ismaning
Die szenische Erzählweise mit Kamishibai eröffnet besondere Chancen für kreative und ästhetische Gruppenerlebnisse – beim Zuschauen ebenso wie beim Gestalten und Vorführen: malen, zeichnen, sprechen, singen, spielen, dichten, schreiben, fantasieren…
Respekt und Anerkennung für verschiedene Ideen und Ausdrucksformen, gegenseitiges Vertrauen und Behutsamkeit im Umgang mit Gefühlen, aber ebenso die Freude am gemeinsamen Ergebnis und am ästhetischen Erlebnis bringen viele soziale Aspekte mit ins Spiel.
Das Nebeneinander von Bildmedien und persönlicher Vermittlung bewirkt einen doppelten Effekt: Im Mittelpunkt steht nicht ein „lebloses Medium“, sondern die Vermittlung geschieht dialogisch und persönlich in großer Nähe zu den Zuschauenden und Zuhörenden. Gleichzeitig werden aber auch Erzählhemmungen, Schüchternheit und mögliche Ängste beim freien Sprechen dadurch gemildert, dass sich der oder die Erzählende nicht so „allein“ fühlt vor dem Publikum. Die Bilder erweisen sich hier als verlässliche Begleiter, hinter denen sich niemand verstecken muss, neben denen sich aber jeder gestützt fühlen darf.
Der sinnlich leicht nachvollziehbare und handhabbare Vorgang des Bilderwechsels per Hand macht Zusammenhänge durchschaubar, beinhaltet aber gleichzeitig geheimnisvolle Überraschungs- und Spannungsmomente.